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20. April 2024

Die Insel Ibiza erstickt an ihrer Beliebtheit: Chance und Risiko zugleich

Diskussion über Höchstgrenzen für Touristen sind Zeitverschwendung

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Die Cala Tarida im Jahr 1968 - so wird es leider nie wieder dort aussehen. Der Junge bin ich, der Autor des Kommentares.
Die Cala Tarida im Jahr 1968 - so wird es leider nie wieder dort aussehen. Der Junge bin ich, der Autor des Kommentares.

Dieser Sommer ist für den Tourismus auf der Baleareninsel Ibiza ein wahrer Traum: Noch nie zuvor strömten so viele Menschen auf die Insel, um dort ihren Sommerurlaub zu verbringen und sich zu amüsieren. Ibiza und Formentera haben mit 582.181 Touristen im Juli 2016 einen Rekord gebrochen. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres waren 1,6 Millionen Reisende auf den Inseln. Das ist eine Steigerung von 10,9% zum Vorjahr. Also eigentlich ein Grund für volle Zufriedenheit, oder?

Die Realität sieht allerdings etwas anders aus. Ja, Ibiza ist überaus beliebt und ja, es gibt soviel Touristen wie nie zuvor. Doch bringt genau das Ibiza auch an den Rand eines Kollapses:

Der Flughafen meldet Rekorde, die Passagiere merken das an langen Warteschlangen vor den Sicherheitskontrollen oder einer verzögerten Gepäckausgabe bei ihrer Ankunft. Die Mietwagenfirmen haben tatsächlich noch Kapazitäten frei, allerdings haben sie sich auch gut auf den Ansturm vorbereitet.

Die Strände sind so voll, dass man kaum laufen kann und in den Touristikzentren häufen sich Beschwerden über unangenehme Gerüche aus der teils maroden Kanalisation. Auch die Müllabfuhr ist überfordert – und so sieht man hier und da Mülltüten mit stinkendem Inhalt herumliegen. Am Abend in den Städten herrscht ein Gedränge wie beim Sommerschlußverkauf und in beliebten Restaurants geht ohne Reservierung nichts.

Das Wasser ist knapp, manche Haushalte, Restaurants und Geschäfte in Ibiza Stadt sind seit Tagen von der Wasserversorgung abgeschnitten. Touristen und Residenten werden per Kampagne der Inselregierung gebeten, sparsam und verantwortungsvoll mit dem Wasser umzugehen, allerdings ist das Leitungsnetz auch so marode, dass viel Trinkwasser ungenutzt versickert.

Die Straßen sind überfüllt. Wer mit dem Auto oder Bus nach Ibiza-Stadt möchte, muss sich auf einen längeren Verkehrsstau einrichten. Die Parkplatzsuche wird zum zeitaufwändigen Glücksspiel, die Parkgebühren sind hoch. Auf den Zufahrten zu den Stränden wird wild geparkt, so dass sogar Rettungswege versperrt werden. Auch das Tanken wird zur Geduldsprobe, denn auch die Versorgung mit Treibstoffen kann mit der hohen Nachfrage nicht mithalten. Einer unserer facebook-Follower berichtet, dass die Tankstelle in Sant Josep schon zweimal leergetankt war.

In den Buchten von Ibiza und Formentera ankern tausende Yachten und Segelboote. Was vereinzelt zum schönes Meerespanorama dazugehört, wird in der Masse zum Ärgernis. Allzuoft nutzen unverantwortliche Schiffsführer einen unbeobachteten Moment, um ihre Abwassertanks ins Wasser zu entleeren, was das sonst kristallklare Meerwasser verschmutzt und einen unangenehmen Geruch vom Meer zum Strand wabern lässt. Teils riecht auch das Meerwasser schon wie eine Kloake. Ich habe das selbst mehrfach erlebt.

Es mehren sich die Stimmen, die eine Höchstgrenze für Touristen fordern. Die Insel sei mit dem Ansturm überfordert – doch wie soll das gehen?

Man könnte auf jegliches Tourismus-Marketing verzichten, den Hotels Quoten auferlegen oder die Tourismus-Steuer drastisch erhöhen. Doch wird all das nichts nützen. Der Flughafen könnte die Lande- und Abfertigungsgebühren erhöhen, Liegeplätze für Yachten könnten teurer werden. Doch auch das nützt nichts.

Der Grund für den Ansturm liegt nicht an den Preisen, er liegt allein an dem Unsicherheitsgefühl in anderen Urlaubsgebieten. Viele sonnenhungrige Urlauber sind früher nach Tunesien, Marrokko, Ägypten und in die Türkei gereist. Doch Terroranschläge und politische Instabilität haben dazu geführt, dass Urlauber sich dort nicht mehr sicher fühlen. Davon profitiert das als verhältnismäßig sicher geltende westliche Mittelmeer und damit auch die Balearen und so auch Ibiza.

Die Cala Tarida im Jahr 1968 - so wird es leider nie wieder dort aussehen. Der Junge bin ich, der Autor des Kommentares.
Die Cala Tarida im Jahr 1968 – so leer und ursprünglich wird es leider nie wieder dort aussehen. Der Junge bin ich, der Autor des Kommentares.

Da braucht es also nicht einmal ausgefeilte Marketingstrategien, die Urlauber kommen von ganz alleine. Und wenn sich die Lage in den oben genannten Ländern entspannen sollte, wird sich auch der Ansturm wieder legen und die Urlauberzahlen werden auf das bisher normale Maß zurückfallen.

Ich höre schon die Tourismus-Branche auf den Balearen, die dann die Regierung für den Rückgang verantwortlich machen wird, die Subventionen fordert und lauthals scharfe Rückgänge beklagt. Nein, es sind keine echten Rückgänge, denn das, was die Balearen zur Zeit erleben, ist die Ausnahme – eine Art Sonderkonjunktur.

Und wenn die Infrastruktur mit diesem Ansturm überfordert ist, dann werden ohnehin viele Familienurlauber für ihren nächsten Sommerurlaub einen anderen Ferienort suchen – der nicht so überlaufen ist. Die Clubbing-Szene interessiert das weniger – die geht dahin, wo die besten Djs sind – und die Promis laufen da ein, wo genug andere Promis sind.

Jetzt hat man die Chance, die Gäste von Ibiza zu überzeugen, damit diese gerne wiederkommen. Das erfordert hohe Anstrengungen, wird sich aber in den nächsten Jahren auszahlen – insbesondere, wenn derzeit gemiedene Urlaubsgebiete wieder attraktiver werden. Also: Diskutiert nicht über „Höchstgrenzen“, sondern nutzt die Chance, die Menschen von der Schönheit und dem hohen Erholungswert Ibizas zu überzeugen!

Markus Burgdorf

 

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Über Markus Burgdorf 47 Artikel
Markus Burgdorf bereist Ibiza bereits seit 1966 und ist ein waschechter Ibiza-Fan.

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